Haushaltsrede für die Gruppe VuG im Kreistag des Rhein-Sieg-Kreises

Sehr geehrter Herr Landrat, sehr geehrte Damen und Herren!
Wir sehen, dass die Kommunen des Rhein-Sieg-Kreises am finanziellen Limit operieren. Nein, sie sind über das Limit schon hinaus und sie verschulden sich weiter in einer Höhe, die von keinem Verantwortlichen noch als tragbar angesehen wird. Laut IT NRW hatte Niederkassel die höchste Steigerung der Hebesätze für die Grundsteuer in ganz NRW. Auf Platz 3 folgt mit Meckenheim wieder eine Stadt aus dem Kreisgebiet. Und wenn man sich nicht die Steigerung ansieht, sondern den Hebesatz der Grundsteuer B an sich, sind es mit Niederkassel und Alfter wieder zwei der Kommunen aus dem Kreisgebiet, die wir an der Spitze finden.

Der Kreis ist gezwungen, seine finanziellen Bedürfnisse zu einem wesentlichen Teil über die Kreisumlage zu bewältigen.

Das soll geschehen, ohne die Leistungsfähigkeit der kreisangehörigen Gemeinden zu überfordern. Es gleicht dem Versuch, Wasser aus einem leeren Eimer zu schöpfen. Ein aussichtsloses Unterfangen.

Und doch scheint das hier noch nicht allen in der ganzen Dramatik klar zu sein. Klar gibt es in so gut wie jeder Rede, auch in nahezu jeder Sitzung des Kreistages und seiner Ausschüsse entsprechende Lippenbekenntnisse. Wenn wir aber nicht auf die Worte, sondern auf die Taten schauen, dann sehen wir etwas anderes. 

Von unter 300 Millionen im Jahr 2023, soll das Umlageaufkommen auf über 400 Millionen im Jahr 2029 steigen. Das sind 36 % Steigerung, bei den Umlagegrundlagen wird hingegen mit einer Steigerung von 22 % gerechnet. 

Gespart wird schon, aber zu wenig und an den falschen Stellen: Nur bei den Ärmsten wird nämlich gespart, so gut wie nur dort. Aber dazu später mehr. Kaum oder gar nicht gespart wird bei allen anderen Ausgaben. Wo bleiben eigentlich die zu erwartenden Einsparungen für Büroräume, wo doch zwischenzeitlich das Homeoffice in vielen Bereichen Standard ist? Wo sind die Effizienzgewinne für immer mehr und immer teurere Software, für die wir zukünftig auch noch mehr bezahlen sollen, wenn diese zunehmend auf Mietverhätnisse umgestellt wird? Während in Unternehmen bereits ganze Abteilungen mit Unterstützung von KI Systemen, die es auch datenschutzkonform gibt, umgestellt haben, will die Koalition erst mal schauen, was man da so machen kann. Dafür soll dann auch Geld ausgegeben werden. Wie hoch sind die Einkommen der Geschäftsführungen in den kommunalen Unternehmen? Wäre es nicht mal ein gutes Zeichen, sich hier zumindest für einen Stopp der Steigerungen einzusetzen? Zusammenfassend frage ich: Wo bleibt die Fortschrittsdividende?

Aber um ehrlich zu sein, es liegt ja nicht nur am Kreis. Und auch nicht an den Kommunen. Wachsende Anforderungen aus Bundes- und Landesgesetzgebung, oder aus der EU – immer mehr Aufgaben werden an die Kommunen übertragen, ohne dass eine ausreichende finanzielle Deckung gewährleistet wird.

Es ist einfach nicht akzeptabel, dass Bundes- und Landesregierung mit neuen Vorgaben glänzen, die Kommunen aber in der Verantwortung zurücklassen, ohne die nötigen Mittel bereitzustellen.


Die hier diskutierten Erhöhungen der Kreisumlage werden direkt auf die Kommunen umgelegt. Das verstärkt die finanzielle Schieflage auf lokaler Ebene zusätzlich. Es ist höchste Zeit, dass der Kreis nicht nur seine Rolle als Mittler anerkennt, sondern auch als aktiver Unterstützer der Kommunen agiert. So könnte der Kreis aktiv werden und jedesmal klagen, wenn Aufgaben an ihn übertragen werden, ohne dass eine auskömmliche Finanzierung damit verbunden ist. Geschieht das nicht, wird die fehlende Finanzierung am Ende wieder die Kommunen belasten.

Und zu den Mehrheitsparteien sage ich: Auch ihre eigenen Leute, zum Beispiel in den Räten, zeigen zunehmende Unzufriedenheit. Das zeigt sich an Kommunen, die das Benehmen verweigern, oder die sich zunehmend damit schwer tun, dieses zu erteilen. Aber es zeigt sich auch an den Diskussionen in den Räten, wenn es um den Kreishaushalt geht.

Und klar ist auch: Kriege zu führen ist teuer. Krieg kostet zunächst einmal Menschenleben, er kostet Freiheit, auch die Demokratie wird in Kriegszeiten eingeschränkt. Und auch wenn deutsche Soldaten noch nicht direkt beteiligt sind, bezahlt wird dieser Krieg zu wesentlichen Teilen von Deutschland: Frau Baerbock hat ja in der ARD-Sendung „Maischberger“ (7. November 2024) gesagt, für die bisherigen deutschen Zahlungen an Kiew in Höhe von 37 Milliarden Euro mussten Leistungen in „anderen Bereichen abgeschnitten“ werden. Explizit nannte sie Sozialleistungen wie die Finanzierung frühkindlicher Bildung in der Kita und Schule sowie Investitionen im öffentlichen Personenverkehr. Das sind doch genau die Bereiche, wo es dann uns und den kreisangehörigen Kommunen fehlen wird. Und darüber hinaus sind die Belastungen für die Unterbringung der geflüchteten Menschen zu berücksichtigen.

Ganz praktisch bedeutet das für uns hier, dass die sozialen Einrichtungen oft nicht wissen, wie sie dringend notwendige Leistungen finanzieren sollen: Den Menschen ohne Krankenversicherung wird weitere Hilfe versagt, es gab die Auskunft, das seien ja nicht so viele, diese würden durch bestehende Angebote abgedeckt. Im Nachhinein erfuhren wir, dass Fachleute das ganz anders sehen. 

Das Angebot für Bus und Bahn soll ausgedünnt werden, sorry, es soll natürlich nur konsolidiert werden. Damit wird die Verkehrs- und Klimawende sabotiert und ganz nebenbei werden alle, die aus finanziellen Gründen auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen sind, angeschmiert. Und das, wo schon jetzt unzählige Verbindungen ausfallen. Da kommt dann halt kein Bus. Die Mitarbeiter unserer Nahverkehrsbetriebe haben die Faxen ebenso dicke wie die Fahrgäste. Wenn dann die CO2 Steuererhöhung Anfang Januar zu Spritpreiserhöhungen führt, wird es aber wieder heißen, die Menschen könnten ja umsteigen. 

Man fragt sich, ob sie die Menschen mit Absicht verhöhnen.

Wer die Menschen mit den Lasten der Kriegsunterstützung in der Ukraine alleine lassen will, den werden wir nicht mit unserer Zustimmung zum Haushalt unterstützen.

Wir werden diesem Kriegshaushalt nicht zustimmen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Siegburg, 12.12.2024,
Frank Kemper für die Gruppe Vernunft und Gerechtigkeit

Hinweis: Die Haushaltsreden aller Fraktionen/Gruppen wurden zu Protokoll gegeben.